Montag, 22. Oktober 2012

Auf Messers Schneide

Wenn du in München viel mit dem Rad unterwegs bist, muss dein Schutzengel schonmal die ein- oder andere Sonderschicht einlegen. An manchen Tagen ist ein einzelner Schutzengel schier überfordert und man müsste eigentlich eine ganze Armada anheuern um sich der Angriffe, dieser vierrädrigen Ungetüme zu erwehren. Auto von rechts, links, vorne und hinten. Ganz viele Autos. Viel zu viele. Autos wohin man nur schaut. 

Da wundert es mich schon fast, dass ich in all den Jahren meiner Vielfahrradfahrerei nur 2 Mal unsanft abgestiegen bin. Das eine Mal wurde ich von einem Kleinwagen attackiert und beim zweiten Mal zwang mich eine Eisplatte zu einem unfreiwilligen Stunt. Hat mir beides nicht sonderlich gut gefallen. :(

Man braucht schon Nerven im Stadtverkehr. Ständig wird deine uneingeschränkte Aufmerksamkeit gefordert. 
Da gibt es Radwege, die "plötzlich und unerwartet" enden und du weißt in deiner ersten Verwirrung gar nicht wohin mit dir. Autos oder Lieferwägen, die den Radweg blockieren, in Rudeln auftretende Fußgänger, die aufgrund ihrer Vielzahl auf dem Fußweg keinen Platz mehr finden und deswegen den Radweg gleich mit bevölkern... Jetzt wirst du vielleicht sagen: Dann klingel doch einfach! - Ich sage dir aber: Wenn du in so einer Situation klingelst, erzielst du damit meist den unerwünschten Effekt, dass das Rudel einfach nur völlig verpeilt auseinanderdriftet und mindestens einer davon dir direkt vor´s "Zielfernrohr" läuft. Ausgebremst wirst du auf jeden Fall. 
Sehr spaßig auch, dass Hunde jeder Größe und Rasse präzise und zielgerichtet exakt vor mein Fahrrad laufen und somit einen unfreiwilligen Zwischenstopp erzwingen. Ich hab ja den Verdacht, dass sich in meinem Rad irgendwo ein Hundeleckerli verbirgt, von dem ich nix weiß. Aber gut, wie wir ja alle wissen, tun Hunde ja nix und wollen ja nur spielen! ;-) 

Kleine Wachmacher sind auch immer wieder die mit vollem Karacho aus einer Garagenausfahrt herausschießenden Autos, die dich entweder gar nicht, oder erst in letzter Sekunde wahrnehmen. Und WENN sie dich dann wahrnehmen, tun sie meist so, als wärst du gar nicht vorhanden, einfach unsichtbar. Sie blockieren völlig ungeniert Rad- und Gehweg und lassen dich schön auflaufen! Manchmal stehen die da rum, bewegen sich kein Stück weiter und wenn man genauer hinschaut sieht man, dass sie gerade völlig davon absorbiert sind, ihren Navi zu programmieren, damit sie nach Hause finden. Weil ohne technische Hilfsmittel schaffen die das gar nicht mehr. ;-)

Oder du fährst an einem schönen, sonnigen Tag durch ein ruhiges Sträßlein, genießt das Vogelgezwitscher und die hübschen Vorgärten, rechts neben dir harmlos parkende Autos und aufeinmal fliegt ohne Vorwarnung eine Autotüre auf. Du machst also einen zirkusreifen Schlenker um die Autotür herum und ungefähr 2 Querstraßen weiter pendelt sich dein Puls dann wieder halbwegs auf Normalfrequenz ein.  

Ein weiteres Phänomen, das mich auch immer wieder staunen lässt: 
Du willst als Radfahrer eine Kreuzung überqueren und der rücksichtsvolle, rechtsabbiegende KFZ-Lenker bleibt also stehen um dich durch zu lassen. Und jetzt kommt´s: Sein Hintermann hupt! Er HUUUPT!!! Ich mein, warum zum Teufel hupt der? Vielleicht weil der Vordermann nicht kaltblütig genug war, mich einfach über den Haufen zu fahren?!

Als Radfahrer bist du nicht sonderlich beliebt bei Fußgängern und Autofahrer hassen dich, weil für die bist du ja sowieso nur ein lästiges Hindernis. Im Verkehrgeschehen hast du also die Arschkarte.
Im Laufe der Zeit schaffst du es vielleicht, dir einen gewissen Gleichmut anzugewöhnen um dir dein Nervenkostüm nicht völlig zu ruinieren. Du gewöhnst dich daran, dass du ignoriert, übersehen und genötigt wirst. 

Okay, es gibt auch freundliche und rücksichtsvolle Autofahrer, mitdenkende Fußgänger und überhaupt jede Menge schöne Erlebnisse, die man radfahrenderweise haben kann. Sonst würde man ja nicht fahren! :) 


© Text und Bild von Petra Illenseer

Sanft einbetoniert

Jetzt hab ich mir vor ein paar Monaten so eine High-Tech-Matratzenauflage aus viskoelastischem Schaumstoff zugelegt. Wahrscheinlich wieder irgend so ein Abfallprodukt aus der Raumforschung oder so. Nachdem ich sie im Bett "installiert" hatte, war ich erstmal recht zufrieden mit dem Gefühl, wie auf einer Wolke zu liegen.
Allerdings wurde ich in meiner Euphorie gleich etwas ausgebremst, da
das Ding anfangs erstmal etwas streng roch. Es hieß, der Geruch würde mit der Zeit nachlassen und irgendwann ganz aufhören. Wenn ich nachts wach wurde, war ich zunächst irritiert über diesen Fremdgeruch in meinem Schlafgemach, weil wenn hier einer Gerüche produziert, dann bin ICH das! ;-) 
Gut, nach ein paar Tagen der exzessiven Schlafraumdurchlüftung und durch das tagsüber-weglassen-der-Bettdecke ließ der Geruch tatsächlich nach. 

Geruch hin, Geruch her, diese Matratzenauflage wurde als so glorreich angepriesen, dass ich ja praktisch gar nicht anders konnte, als mich rundum wohlzufühlen, alles andere wäre ja geradezu verwerflich gewesen! Gesunder, schulter- nacken- ja überhaupt rückenfreundlicher, erholsamer Schlaf wird da versprochen. Angeblich passt sich das Material exakt deiner Körperform an und du liegst quasi wie in Abrahams Schoß, willst praktisch nie mehr raus aus dem Bett. Ja nun... 
Angeblich würde man vor lauter Behaglichkeit so ruhig schlafen, dass dieses nächtliche Umlagerungs-hin-und-her-gewälze praktisch ausfällt. Na dann... 

Jetzt hab ich das Ding ein paar Monate im Gebrauch und es will und will sich einfach keine Glückseligkeit einstellen. Irgendwas passt nicht. Ich hatte am Ende sogar das Gefühl, dass eine Umlagerungsaktion im Bett sozusagen gar nicht mehr möglich ist, selbst wenn man es MÖCHTE! ;-) Es kam mir fast so vor, als ob sich der Schaumstoff so an den Körper anpasste, dass man quasi wie in einer Gussform lag, sobald man sich länger nicht bewegte. Sozusagen "sanft einbetoniert". Daher also die reduzierten "Umlagerungs-Aktionen" -man wälzt sich im Bett nicht mehr hin und her weil man es ganz einfach nicht mehr KANN! ;-) 

Aber ich gab der Matratzenauflage noch eine, ja sogar mehrere Chancen, sich zu bewähren. Aber es nützte alles nix. Vor ein paar Tagen nun, als ich nachts wieder kaum in der Lage war, mich von links nach rechts zu drehen, es aber WOLLTE, bekam ich einen klassischen "so-jetzt-reicht´s-Anfall" und beschloss, dieses Ding aus meinem Bett zu befördern. Das Licht machte ich gar nicht erst an, denn ich wollte gar nicht so richtig wach werden. Das Teil wehrte sich aber. Es wollte nicht kampflos aufgeben, als ich im Dunkel der Nacht versuchte, es unter dem Spannbettlaken herauszuziehen. Bei dem Geruckel und Gezerre verschob sich das ganze Bett, was ein unschönes Geräusch auf dem Laminat erzeugte. Egal. Ich zog weiter und als ich das widerspenstige Teil endlich heraußen hatte, schaffte ich es irgendwie nicht, dem Ungetüm Herr zu werden. Als ich es zusammenrollen wollte, um es einstweilen unter´s Bett zu verfrachten, flappte es wieder auseinander und stieß dabei mit großem Gepolter die Bodenvase um. Meine Güte, was für ein Getöse. Ich hoffe, meine Nachbarn haben einen guten Schlaf und von dieser nächtlichen Ruhestörung nichts mitbekommen. Jetzt liegt das Schaumstoffteil im Keller und da wird es vermutlich auch bleiben. Schade eigentlich.


© Text von Petra Illenseer

Freitag, 31. August 2012

La Serenissima

In der Hollywoodschaukel des Gartens eines wundervollen alten venezianischen Palazzos, sind einmal folgende Gedanken zu mir gekommen:


Venedig „La Serenissima“
(„Die Erlauchteste“) ist wie eine alte sterbende Hure, die es versteht, sich immer noch recht gut zu verkaufen. Es scheint sogar, dass sie sich umso besser verkauft, je älter sie wird.

Ja, sie versteht ihr Geschäft sehr gut! Sie infiziert dich, macht dich süchtig, dringt mit ihrem ganzen Wesen in dich ein, erfasst jede Zelle von dir. Sie macht dich in sie verliebt. Aber sie fordert dich auch heraus, zeigt sich abweisend, unfreundlich, spuckt dir vor die Füße – will wissen, ob du sie wirklich liebst. Dann sagst du vielleicht zu ihr: „Nie wieder komme ich zu dir zurück.“ Aber sie lacht nur, weiß es besser. Sie weiß, dass sie einzigartig ist, dass es keine gibt wie sie. Sie kann es sich leisten, nicht immer nur nett zu sein, diese Stadt aus Wasser und Stein.

Du denkst, wenn du sie erstmal verlassen hast, dann wirst du sie schon irgendwann vergessen. Du magst zurück gehen in deine Welt, weit weg von ihr. Und wenn du denkst, du hast sie vergessen, dann hörst du sie auf einmal nach dir rufen. Und du spürst wieder diesen Sog und wie sie dich zieht.

Vielleicht spürt sie auch das Mitgefühl, das du für die sterbende Stadt verspürst. Jeden Tag wird sie durch unzählige Fußtritte misshandelt. Menschenmassen quellen unentwegt in sie hinein und wieder aus ihr heraus. Tag für Tag für Tag für Tag... Der Wellenschlag der Motorboote höhlt ihr langsam die Fundamente aus, der hinterlassene Unrat nimmt ihr die Luft zum Atmen. Manchmal ist sie traurig und weint bittere Tränen, dann ist „acqua alta“ - Hochwasser. Sie weint um die Menschen, die sie einst so gern bewohnten und die sie nun nach und nach verlassen. Sie ziehen fort auf die Terraferma, das Festland. Weg von diesem überteuerten, zum Freilichtmuseum mutierten Venedig.

Venedig wollte das nicht. Es wollte so nicht werden. Die Menschen haben es zu dem gemacht, was es nun ist. Sie haben sich zu Zuhältern Venedigs gemacht und jetzt können sie nicht mehr damit umgehen. Sie haben ein Monster erschaffen und das lehrt sie nun das Fürchten.
Ich möchte sie trösten, berühren, streicheln, ganz sanft – die Zerbrechliche, die vielleicht viel zu lange schon dem Verfall trotzt. Ich möchte sie spüren lassen, wie wunderschön sie noch immer ist, obwohl ihre Schminke längst schon abbröckelt.

Ist diese „schwimmende Stadt“ nur eine Illusion, eine Fata Morgana? Man hat den Eindruck, sich in einem wundersamen Traum zu befinden. Er beginnt, sobald sie in Sichtweite kommt und endet, sobald man ihr den Rücken kehrt. Dann ist einem, als hätte man nur geträumt, von einer wundersamen Stadt voller Geheimnisse. Manchmal, wenn man sich ganz auf sie einlässt, erzählt sie einem Geschichten, aber hinter all ihre Geheimnisse wird man nicht kommen. Vieles bleibt im Verborgenen und das ist gut so. Man darf ihr nicht alle Geheimnisse entlocken, darf sie nicht entzaubern.

Wirst schon sehen, Venedig, irgendwann komm ich dann wirklich nicht mehr. Deinem Untergang werde ich nur einen kurzen Abschnitt lang beiwohnen. Du wirst mich überdauern. Du auf Stelzen stehende Stadt.



© Text und Bild von Petra Illenseer, August 2010




Wunderbar sinnlos



Wenn man sich schlagartig bewusst wird, dass das Leben im Grunde überhaupt keinen Sinn haben muss, um gelebt zu werden, dann kann das entweder ein ziemlicher Schock sein, oder aber auch eine große Erleichterung. Vielleicht klingen diese an einem sehr regnerischen Tag niedergeschriebenen Worte ein wenig arg düster, aber so sind sie gar nicht gemeint. 


 

Hat es dir schon mal schier die Sprache verschlagen, wenn du irgendwo fernab einer großen Stadt, nachts den klaren Sternenhimmel betrachtet hast? Ist es nicht einfach atemberaubend, wenn man sich plötzlich dieser Unendlichkeit gegenüber sieht und diese Tiefe wahrnimmt? Wie bedeutungslos wird da plötzlich das eigene Dasein. Hat es je eine Bedeutung gehabt?
Ich dachte mal, es hätte eine. Vielleicht hat es auch eine und ich kenne sie nicht. Aber das macht auch nichts.

Das Leben lebt uns einfach und hat es immer schon getan. 
Wir sind sozusagen eine "vom Leben gespielte Figur" im Theater des Lebens. :-)
Aber der Verstand ist gierig und beharrt darauf, dass es doch gefälligst einen Sinn haben muss, wenn das große "ES" einen schon hier haben will. 

Macht sich eine Stockente Gedanken darüber, warum sie hier ist und was es für einen Sinn hat?
Wohl nicht. 
Und ich hab noch nie eine frustrierte Stockente gesehen. 
Erst gestern habe ich wieder mal das rege Treiben der Enten beobachtet. 
Frustriert oder unzufrieden haben sie jedenfalls nicht ausgesehen. :-)

Aber wir machen uns unendlich viele Gedanken darüber, ob das Leben einen Sinn macht und wenn ja, welchen. Und was wir uns nicht alles ausdenken, um unser Dasein zu rechtfertigen. Darin sind wir unendlich kreativ. 
Einer denkt, er muss seinem Leben durch den Dienst am Nächsten seinem Leben einen Sinn geben. Der andere meint er müsse erfolgreich sein und viel Vermögen anhäufen. Wieder ein anderer hat sich auf die spirituelle Suche begeben um die Erleuchtung zu finden. (Oder sie ihn. ;-))
Der nächste meint, er müsse berühmt und von allen verehrt werden, 
um sich unsterblich zu machen. Aber am Ende verrottet auch er "six feet under" oder seine sterblichen Überreste gehen in Flammen auf.  
Nichts bleibt. 
In den Gedanken der noch Lebenden wird er noch eine Weile herumspuken, 
bis auch das nachlässt. 

Zugegeben, das mag vielleicht ein wenig düster klingen,  
aber im Grunde liegt eine große Freiheit darin, das Leben einfach um des Lebens willen zu leben, ohne dem ganzen einen künstlichen Sinn zu verpassen. 
Das Leben wollte uns eben einfach hier haben. Grundlos!
Jeglicher Grund, der mir genannt wird, warum wir hier sind, ist für mich nicht mehr als ein gedankliches Konstrukt, eine in Gedanken erschaffene Geschichte, ein manchmal verzweifeltes Ringen darum, sein Dasein zu rechtfertigen oder seine eigene Wichtigkeit und Bedeutung hervorzuheben. 
Mehr nicht.
In Wirklichkeit ist da einfach nur das LEBEN mit all seinen Wundern und wenn
wir das in seiner Einfachheit und Direktheit, und wenn es nur für einen kurzen Moment ist, einfach wahrnehmen können, dann ist da überhaupt kein Problem in Sicht, sondern da ist einfach nur DAS WAS IST. 
Zu behaupten, dass das Leben keinen Sinn hat und dennoch fassungslos und staunend zu sein über die unendliche, wunderbare Vielfalt und Schönheit, die das Leben zu bieten hat, ist für mich kein Widerspruch. 

Und wenn du ganz und gar nicht damit einverstanden bist mit dem, was hier geschrieben steht, dann macht das auch nichts, denn dein Nicht-Einverstanden sein ist genauso okay wie alles andere auch. 
Und selbst wenn du empört behaupten würdest, dass ALLES einen Sinn macht, dann würde ich dir sogar recht geben, denn es ist genauso wahr. :-) 

Und vergiss nicht: Letztlich sind das alles nur niedergeschriebene Gedanken. 
Bedeutungslos! :-)

© Text und Bild von Petra Illenseer

Mittwoch, 8. August 2012

Gedanken wie Wolken

Alles was du hier liest,
sind eingetippte Gedanken. Nichts weiter.
Gedanken, die durch meine Sinne zogen, wie Wolken am Himmel.
Manchmal sind sie heiter, federleicht und fluffig wie Flaumfedern,
manchmal vielleicht ein bisschen düster.
Je nach "Wetterlage". ;-)
Aber es sind letztlich einfach nur Gedanken.
Sie entspringen einem Moment und werden eingetippt.
Damit bleiben sie zumindest in dieser virtuellen Welt hier eine Weile erhalten.
Letztlich sind sie unbedeutend.
Ganz und gar unbedeutend.
Und doch werden sie niedergeschrieben.
Einfach so. 
  :-)


© Text und Bild von Petra Illenseer