Mittwoch, 23. November 2016

Meine Suche nach Freiheit vom Schmerz


Ein Blogeintrag von Melanie auf 

http://www.honigperlen.at/2016/10/schmerz-lass-nach-mein-weg-zurueck-ins-leben/

hat mich dazu inspiriert, etwas über meinen Weg und meine Erfahrungen mit chronischem Schmerz zu bloggen. 

Irgendwie kam der Impuls, das alles mal aus mir herauszuschreiben.

Also bei mir hat das im Herbst 2014 angefangen. Nicht, dass ich nicht schon vorher Warnsignale bekommen hätte. Zunehmend quälende Nackenschmerzen.

HWS-Syndrom. (Vor ca. 2 Jahren Bandscheibenvorfall.) 
Massagen, Wärme, Entspannung und Bewegungsübungen brachten nichts mehr. 
Ich arbeitete immer weiter, hab aber irgendwann meine Arbeitszeit auf eine 30-Stunden-Woche reduziert. Hat leider auch nichts mehr geholfen. 

Eines Tages tauchten auch noch Schmerzen in der rechten Flanke auf, die teils so heftig waren, dass ich mich kaum noch zu atmen traute.
Da hatte ich gerade eine Woche Urlaub. Dachte, ich krieg eine Grippe oder so.
Ich ließ mich krankschreiben. 
Ging dann wieder arbeiten. Aber die Schmerzen blieben.
Irgendwann kamen auch noch Schulterschmerzen hinzu. (Subacromiales Schmerzsyndrom, Impingement..., SLAP-Läsion...) 
Manchmal waren die Schmerzen lediglich weniger heftig aber sie haben mich seither nie mehr in Ruhe gelassen. Nur im Tiefschlaf hab ich Ruhe davon. Wofür ich sehr dankbar bin! 

Ansonsten ist das ein bisschen wie Folter und das jeden einzelnen Tag. 

Und wenn ich schreibe "jeden einzelnen Tag", dann mein ich das so!
Ich habe seit mehr als 2 Jahren, keinen Tag ohne Schmerzen erlebt. 

Zunächst hofft man so von Tag zu Tag, dann von Woche zu Woche, dann von Monat zu Monat und nun geht das schon Jahre und die Hoffnung schwindet. 
Und irgendwann kommt die psychische Komponente hinzu. 
Ständiger Schmerz zermürbt.
Hatte schlimme depressive Episoden. 
Das wünsch ich nicht mal meinen Todfeinden, sofern ich welche habe. 
(Ich hoffe, ich habe keine! ;-))
Jedenfalls wünschte ich mir in solchen Phasen, dass ich morgens einfach nicht mehr aufwachen möge. Aber ich wurde wach! Immer und immer wieder.

Und falls mir jetzt einer mit Therapievorschlägen kommt, fasse ich hier mal grob zusammen, was ich bereits alles gemacht habe (oder noch mache):  
  • alle möglichen Arten von Massagen
  • Physiotherapie
  • Krankengymnastik
  • Training der Rückenmuskulatur 
  • Osteopathie
  • Feldenkrais
  • Atemtherapie
  • Quantum-Light-Breath
  • Vipassana- (Achtsamkeits-) Meditation
  • Selbsterforschung
  • Funktionelles Training 
  • Ausdauertraining
  • Phytotherapie (TCM)
  • Zahnschiene
  • Nordic Walking
  • ausgedehnte Spaziergänge
  • Fahrrad fahren
  • Bewegungsübungen
  • Akupunktur
  • Entspannungsübungen
  • Qi Gong (18 Harmonien) 
  • Tai Chi
  • Stationäre Schmerztherapie
  • Psychotherapie (Verhaltenstherapie)
  • Infiltrationen mit Cortison und Lokalanästhetikum (HWS und re. Schulter)
  • Rolfing
  • Craniosakral-Therapie
  • Einreibung mit allen erdenklichen Varianten von Schmerzsalben, Schmerzölen, Magnesiumöl, etc... 
  • Bachblütentherapie
  • Homöopathie
  • Aura Soma
  • Übungen auf der Sissel-Soft-Pilatesrolle und mit dem Thera-Band...
Inzwischen hab ich so eine Art "Eigentherapie" entwickelt. Ein Mix aus all dem Erlernten. Ich wende das jeden Tag an.
Wenn ihr mich fragt, dann bin ich das Musterbeispiel einer Patientin mit einem hohen Maß an Eigenverantwortung. 

Meine unzähligen Arztbesuche will ich gar nicht groß erwähnen. 
Naja, oder vielleicht doch?!
Ich muss leider sagen, dass auf meiner Odyssee von Pontius zu Pilatus mein Vertrauen in die Ärzteschaft irgendwo auf der Strecke geblieben ist.
Geh zu zwei Ärzten und du hast 3 unterschiedliche Meinungen, die natürlich alle in völligem Widerspruch zueinander stehen. Das trägt nicht gerade dazu bei, Klarheit in die Angelegenheit zu bringen.
Am Ende kann ich aber mit ziemlicher Gewissheit sagen:
Die Ärzte haben auch keine Ahnung. 
Auch die sogenannten "Spezialisten" ziehen nur ihr Standardprogramm durch und wenn nichts davon funktioniert, stehst du wieder allein da. Dann raten sie dir möglicherweise noch zu irgendeiner OP, können dir aber natürlich nix versprechen. 
Irgendwie geben sie dir sogar manchmal das Gefühl, du bist überhaupt total selber schuld an deiner Misere. Ich wurde sogar schon gefragt, ob ich überhaupt wieder gesund werden WILL! 

Sie kommen einem mit Statistiken und Studienergebnissen, demzufolge man eigentlich schon längst schmerzfrei sein müsste.

Hallo?! - Was interessieren mich Studien??? 
Ich hab da blöderweise so eine Ahnung wie die entstehen!
Alle Schmerzpatienten die irgendwann mal eine Schmerztherapie machen, werden dazu angehalten, schier eeeeendlose Fragebögen zu ihrem Schmerzverhalten auszufüllen. Bis zum Erbrechen. Ich hab das immer sehr gewissenhaft gemacht und empfand das oft als extrem anstrengend, sich dauernd in der Form damit auseinandersetzen zu müssen. Und so hab ich auch oft genug mitbekommen, dass andere Patienten irgendwann einfach nach dem Ene-Mene-Miste-Prinzip ihre Kreuzchen gemacht haben, nachdem es ihnen zu blöd wurde. Soviel zum Wahrheitsgehalt von Studien!
Wie auch immer, eins ist mir inzwischen klar:
Ich will mich nicht mehr behandeln lassen, wie eine 13-jährige, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht hat!!!
Ich bin 53, hab schon einige Lebenskrisen bewältigt, meinen Sohn allein erzogen, bin immer arbeiten gegangen, hab Verantwortung übernommen, war so gut wie nie krank, hab immer irgendwie "funktioniert", wie es von mir erwartet wurde... Und jetzt, da ich gerade kein funktionierendes Rädchen im Getriebe des Systems mehr sein kann, werde ich behandelt wie eine, die ihre Hausaufgaben nicht macht. Dazu kann ich nur in aller Deutlichkeit sagen: WENN hier eine ihre Hausaufgaben macht, dann bin ICH das! 
Alles, was ich mir bisher in der Therapie mühsam erarbeitet habe, wird von den Ärzten zum Teil mit einer solchen Überheblichkeit in Frage gestellt, dass einem Hören und Sehen vergehen könnte. Es geht ihnen offenbar nicht schnell genug! Sorry, dass meine Psyche sich der in diesem System vorherrschenden Geschwindigkeit nicht anzupassen vermag!
Und ketzerische Frage: Kann ein Arzt überhaupt an meiner HEILUNG interessiert sein? Eigentlich nicht, denn wenn er seine Patienten heilen würde, dann würde er sich ja quasi seine eigene Lebensgrundlage entziehen. Aber das dürfte ja inzwischen den meisten klar sein.

Voriges Jahr versuchten wir es dann nach meinem stationären Aufenthalt in der Schmerzklinik (Juni/Juli 2015) mit einer Wiedereingliederung, die leider (oder zum Glück?!) scheiterte.


Im November 2015 hab ich meinen sicheren, aber verhassten Job gekündigt. 
Ohne Netz und doppelten Boden.
Eine Verzweiflungstat sozusagen.
Ich konnte einfach nicht mehr.

Jetzt hab ich zwar keine Arbeitsstelle mehr  aber ich mache die INNERE ARBEIT.
Das ist vielleicht ein wertvollerer Beitrag für die Gesellschaft, als irgendeinen Job zu machen, der mich am Ende krank und unglücklich macht. 

Als Sahnehäubchen kommen dann ja noch die Wechseljahre oben drauf.
Die zweite Pubertät. Das macht alles gerade auch nicht unbedingt leichter.
Aber auch das hört irgendwann auf. :-)


Nun bin ich seit Februar diesen Jahres permanent im Krankenstand und joblos.
Kein Plan.
Keine Ahnung wie es weitergeht.
Aber irgendwas lässt einen immer weitermachen.
Irgend eine mysteriöse Kraft will mich offenbar hier haben. 

Aber es ist auch so, dass ich dem, was nun mal ist und dem, was ich bin, mehr Raum gebe und mir weniger Druck mache, so schnell wie möglich wieder "ganz die Alte" zu werden.
Die Idee davon, wie ich sein sollte mehr und mehr aufgeben und an die Stelle von "wie es sein sollte" tritt das SEIN, wie es nun mal ist.

Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die Schmerzen haben, am liebsten nicht in ihrem Körper sein wollen. Ist ja auch schwer auszuhalten, wenn immer was weh tut. Also spaltet man sich innerlich irgendwie ab und ich denke, das ist genau der falsche Weg. Ich versuche nun, den Schmerz als Signal zu nehmen, IN DEN KÖRPER ZU SPÜREN. In den Schmerz hinein zu atmen und dem Körper wirklich all meine liebende Aufmerksamkeit zu schenken, genau so, wie sie ein vernachlässigtes Kind brauchen würde. Wenn du den Körper abspaltest, vernachlässigst du seine wahren Bedürfnisse und dann ruft er irgendwann um Hilfe und wenn du das ignorierst, tut es irgendwann weh. Also am besten lässt man es gar nicht erst so weit kommen. 


Ich wünsche mir selbst und allen da draußen, die unter chronischen Schmerzen leiden, von ganzem Herzen, dass sie ihren Weg finden mögen. Der sieht bei jedem anders aus aber die liebende Zuwendung gehört meines Erachtens unbedingt dazu!
Es gibt einen schönen Satz, den ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufe: 

VERTRAU DER KRAFT, DIE DEN WEG KENNT.


<3 



© Text und Bild von Petra Illenseer

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